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Fasten - Zeit in der PRAXIS für Gesundheit und Lebensfreude

Fasten – Zeit

Unzählige Studien haben die Wirkung einer Fastenkur auf die Gesundheit analysiert. Ein Überblick.

Kein Alkohol, keine Süßigkeiten, oder einfach mal weniger von allem: Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. Doch nicht nur Gläubige nehmen den christlichen Brauch zum Anlass, Verzicht zu üben. Längst ist die Zeit bis Ostern auch für viele Nicht-Gläubige eine gute Gelegenheit für einen „Frühjahrsputz von innen“. Doch wie sinnvoll und gesund ist Fasten wirklich?

Der Originaltext des Spiegels vom 10. März 2014 im Zitat:

„Der Mediziner Andreas Michalsen wirft einen kritischen Blick auf die fünf beliebtesten Aussagen über die Zeit des Verzichts.

These 1: Fasten wirkt sich positiv auf den Stoffwechsel aus

Essen ist Stress für den Körper, denn jede Nahrungsaufnahme fordert ihn. „Daueressen ist von der Evolution auch gar nicht vorgesehen“, sagt Andreas Michalsen. Fasten bedeute eine Pause für alle Zellen und ihre energiegewinnenden Kraftwerke, die Bauchspeicheldrüse und andere Organe. „Tatsächlich verändern sich durch das Drücken des Reset-Knopfes Zucker- und Cholesterinspiegel positiv. Die Insulinresistenz und der Blutdruck sinken, der Darm wird von Rückständen und abgestorbenem Zellmaterial befreit“, so der Internist. „Wir wissen inzwischen auch, dass sich die Darmflora, die für das Immunsystem im Darm immens wichtig ist, durch das Fasten positiv verändern kann.“

Auch bei der Entstehung von Übergewicht, Typ-2-Diabetes, dem metabolischen Syndrom und diversen anderen Erkrankungen spielt die Darmflora eine wichtige Rolle. Experten vermuten, dass durch das Fasten vermehrt ältere und stoffwechselungünstige Zucker-Eiweiß-Moleküle, sogenannte „Advanced Glycation Endproducts“, im Körpergewebe abgebaut werden.

„Wer jedoch keine Fastenkur machen möchte, kann den gleichen positiven Effekt erzielen, wenn er täglich etwa 20 bis 30 Prozent weniger isst, als er brauchen würde, um maximal satt zu sein“, sagt Michalsen. Damit sei eine Reduktion aller altersassoziierten Erkrankungen um 40 bis 50 Prozent möglich.

These 2: Fasten beugt chronischen Krankheiten vor und hilft bei der Behandlung von Krebs

Es gibt Hinweise, dass Fasten eine positive Wirkung bei bestimmten chronischen Erkrankungen hat, etwa bei Rheumatoider Arthritis oder Rheuma-verwandten Krankheiten wie der Fibromyalgie. Eine Studie zeigte, dass der Effekt über ein Jahr lang anhielt. Allerdings stellten die Probanden ihre Ernährung nach dem Fasten auf vegetarische Kost um.

Laut Michalsen liefern Beobachtungsstudien auch Hinweise, dass Fasten bei Arthrose, Bluthochdruck sowie bei chronischen Schmerzsyndromen wie Migräne einen positiven Einfluss haben kann. Auch Patienten mit Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen können von kurzzeitigen Fastenkuren profitieren, weil die Insulinresistenz sinkt.

Neuerdings zeichnet sich durch Untersuchungen zudem ab, dass ein zweitägiges Fasten vor einer Chemotherapie möglicherweise die Nebenwirkungen der Behandlung reduziert. Worauf der Effekt beruht, ist noch unklar. Gesunden Körperzellen scheint eine Chemotherapie weniger zu schaden, während Tumorgewebe empfindlicher darauf reagiert. Tierversuche von US-Forschern zeigen, dass sich Krebszellen offenbar schlechter vor Schäden durch Nährstoffmangel schützen können als normales Gewebe. Zudem könnte, wie eine weitere Studie zeigt, kurzzeitiges Fasten die Wirksamkeit einer Strahlentherapie verbessern. Auf eigene Faust sollten Patienten jedoch nicht ihre Nahrung drosseln, sondern in jedem Fall zuvor mit ihrem Arzt Rücksprache halten. Ob Fasten selbst auch eine krebshemmende Wirkung hat, müssen weitere Studien klären.

These 3: Fasten ist gut fürs Gemüt 

„Alle Daten weisen darauf hin, dass sich die Stimmung bei 80 Prozent der Fastenden verbessert“, sagt Michalsen. Das Phänomen lässt sich evolutionär gut erklären: Zeiten, in denen das Essen sehr knapp war, gehörten früher zum normalen Leben. Wäre die Stimmung früher bereits nach dem dritten Tag stark kalorienreduzierter Kost eingebrochen, hätten die Menschen ein Problem gehabt, so der Mediziner. „Die Stimmungsverbesserung sicherte das Überleben der Spezies.“

Immer wieder berichten Menschen davon, dass Fasten high mache. Fastende nehmen sich viel intensiver wahr und reaktivieren quasi den direkten Draht zur Psyche und zum Körper. Diese euphorischen Gefühle entstehen offenbar durch mehrere Prozesse im Gehirn: Unter anderem werden größere Mengen des Gute-Laune-Hormons Serotonin freigesetzt. Zudem sinkt bei vielen Fastenden der Stresshormon-Pegel ab. Derzeit untersuchen Forscher, ob man Fasten auch therapeutisch zur Verbesserung depressiver Symptome einsetzen könnte. Vorsicht ist geboten, wenn Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie vorliegen. Die sogenannte Fasteneuphorie kann hier auch bei entsprechend labilen Menschen eine Essstörung verstärken. Psychisch labilen Menschen ist deshalb vom Fasten abzuraten.

 

These 4: Fasten ist ein Neustart in eine bessere Ernährung

Für viele Menschen ist das Fasten eine symbolische Reinigungskur für den Körper. Doch ist es auch ein Neustart in eine gesündere Ernährungsweise? „Wir haben bei einer unserer klinischen Studien festgestellt, dass es Menschen mit einem Fastenerlebnis danach leichter fällt, sich gesünder zu ernähren als den anderen“, sagt Michalsen. Demnach schmeckten Fettes, Salziges, Fleisch und Süßigkeiten nach einer Fastenkur vielen nicht mehr so gut. „Dafür finden sie oft zuvor verschmähte pflanzliche und vegetarische Nahrung plötzlich besser.“

Laut Michalsen sei es optimal, wenn man nach einer Fastenkur seine Ernährung auf vegetarische oder gar vegane Kost umstellen, oder zumindest den Fleischkonsum stark einschränken würde. Verschiedene Studien liefern Hinweise darauf, dass eine fleischlose Ernährung zum Beispiel vor Herzgefäßerkrankungen schützt oder dass der übermäßige Konsum von rotem Fleisch das Risiko für Herzinfarkt Krebs und Schlaganfall erhöhen kann.

Menschen, die auf Fleisch jedoch nicht verzichten wollen, wird von Ernährungsexperten der Genuss von weißem statt rotem Fleisch empfohlen. Also beispielsweise Pute, Huhn oder Fisch.

These 5: Fasten hilft beim Abnehmen

Eine Fastenkur eignet sich nicht dafür, lästige Pfunde loszuwerden. „Fürs reine Abnehmen ist eine kalorienreduzierte Ernährung besser“, sagt Michalsen. Die Gewichtsabnahme sei nur ein vermeintlich positiver Nebeneffekt, der nach Ende der Fastenzeit schnell dahin sein könne. „Wenn der Jo-Jo-Effekt ihn zunichte macht.“ Dazu kommt es, weil der Grundenergiebedarf des Körpers nach dem Fasten für eine gewisse Zeit geringer ist als normal. Wer dann wieder in seine alten Ernährungsgewohnheiten fällt, hat den Speck schnell wieder auf den Hüften.

Deshalb ist es wichtig, Verhaltensmuster und die Ernährung, die zu überschüssigen Pfunden oder gesundheitlichen Problemen geführt haben, während der Fastenzeit zu überdenken. Fastende sollten die Kur als Chance sehen, ihre Weichen neu auszurichten. Wer nach der Fastenzeit mehr körperliche Bewegung in den Alltag einbaut und seine Ernährungs- und Lifestyle-Gewohnheiten verändert, hat viel gewonnen.

GESUND FASTEN: DIE FÜNF WICHTIGSTEN REGELN

1. Ein ärztlicher Check-up vor Fastenbeginn ist ratsam. Gegebenenfalls ist es sinnvoll, auch zwischendurch mal zum Arzt zu gehen. Wer eine Krankheit hat, sollte nur unter ärztlicher Beobachtung, etwa in einer Fastenklinik, fasten. Nicht fasten sollten Untergewichtige, Menschen mit Essstörungen wie Magersucht und Bulimie, Menschen mit einem BMI über 45 oder mit einer Schilddrüsenerkrankung sowie schwer Leber- und Nierenkranke.

2. Verzichten Sie während des Fastens auf Genussgifte. Das heißt kein Alkohol, Koffein und Nikotin.

3. Während des Fastens und der daran anschließenden Aufbauzeit sollte man auf eine ausreichende und elektrolytreiche Flüssigkeitszufuhr achten. Empfehlenswert sind täglich zwei bis drei Liter Gemüsebrühen, Gemüsesaftschorlen oder Mineralwasser.

4. Nach dem Fasten sollte man behutsam wieder in die normale Ernährung einsteigen und dem Darm eine zumindest viertägige Aufbauzeit gönnen: Gewöhnen Sie Ihre Darmflora langsam wieder an feste und regelmäßige Nahrung. Leicht verdauliche Nahrungsmittel sind beispielweise Kartoffeln und Äpfel, schwer verdauliche sind Kohl, Bohnen und Fleisch.

5. Ausreichend Bewegung ist während des Fastens wichtig, um den Abbau von Muskeleiweiß zu minimieren. Zusätzlich können sich Entspannungstechniken eignen, wie etwa autogenes Training, Meditation, Yoga und Tai-Chi.